Heute Nacht ist überraschend unser guter Freund Kosmas Cholidis im Alter von 86 Jahren verstorben.
Er war für uns eine feste Stütze und Ikone des Vereins und weit über die Grenzen Spandaus hinaus bekannt. Sein „hast Du Bauer, hast Du Partie“ bleibt für mich (seit meiner Jugend) persönlich genauso unvergessen, wie die vielen lebhaften politischen Diskussionen in unseren Lieblingsrestaurants, die wir nach jedem Spielabend aufgesucht haben.
Wir trauern mit seiner Ehefrau Karin und seinen beiden Töchtern.
Zu Deinen Ehren noch einige Lieblingslieder von Dir.
und natürlich dieser Song, der nach Deinen Aussagen Deine Gefühle widerspiegelte, als Du nach Deutschland (damalige DDR) eingereist warst.
Manfred Strzeletz für den Vorstand
Lieber Kosmas,
politisch waren wir nicht der gleichen Meinung.
Ich habe niemals einen Menschen kennen gelernt, der solch einen großes Hass auf die Amerikaner hatte, aber Du hast es immer gut begründet und besonders in Deiner ersten Lebenshälfte offenbar viel Elend erlebt und schlechte Erfahrungen mit Regimen gemacht, was Dich geprägt hat.
Vor 33 Jahren kam ich nach Berlin und zum Schachclub Zitadelle Spandau, Du warst damals schon das Maskottchen und für mich auch der Oldie im Verein. Unsere Arbeitsplätze in Spandau waren nur 100 Meter voneinander entfernt und wir trafen uns oft in der Mittagspause. Du solltest auf Anraten der Ärzte nicht mehr selbst spielen, Dein Herz würde die Aufregung nicht mehr vertragen. Du warst aber an jedem Vereinsabend dabei und ein Kiebitz, der unglaublich viel von dem Spiel versteht – mehr als die meisten aktiven Spieler es je tun. Du hattest deshalb auch keine Elozahl, aber Dein Schach-IQ muss verdammt hoch gewesen sein und Dein scharfer Verstand war auch mit 86 Jahren nicht im Geringsten getrübt.
Ich war fast ein Vierteljahrhundert Dein Vorsitzender und Du hast mir abwechselnd große Achtung und große Abschätzung entgegengebracht. Oft wusste ich nicht, ob es Ernst oder Spaß war, aber Dein verschmitztes Lächeln ließ meist Letzteres vermuten. Und man konnte Dir nie böse sein, auch wenn Du mich mal wieder als Einziger auf der Jahreshauptversammlung bei der Wahl zum Vorsitzenden mit einer Gegenstimme versorgt hattest…
Bei den sonntäglichen BMM-Kämpfen wartete man immer schon darauf, dass Du in der spannenden Phase dazu kommst und leidenschaftlich mitfieberst mit Deinen Mannen – als oft einziger Fan warst Du sozusagen unser Stadion und irgendwie auch unser Hooligan, mit nicht immer perfekten Manieren und gerne auch mit liebevollen Pöpeleien, wenn Dir etwas gar nicht gefiel.
Du warst über einen ewig langen Zeitraum immer noch begeistert von einem Turmendspiel, welches mir vor vielen Jahren mal gegen Weiße Dame gelang – mit Bauernopfern, Zugzwang und solchen Sachen – und erzähltest immer wieder ganz begeistert von dieser kleinen Perle, zuletzt gerade wieder Ende Februar, als wir uns, wie wir nun leider wissen, das letzte Mal sahen. Du warst wirklich ein großer Freund unseres Spiels, ein Fanatiker im wahrsten und positivsten Sinne des Wortes. Ruhe in Frieden und sei gewiss: Jeder, der Dich kannte, wird Dich nie vergessen!
Und wir werden bestimmt ein Cholidis-Gedenkturnier ausrichten. Ein Turnier, bei dem jeder von der Seitenlinie aus reinrufen kann, bei dem pro Brett mindestens ein Kiebitz auf Fehler lauert und wo nicht das Ergebnis zählt, sondern die Freude am Spiel, an der Kombination und an der Ästhetik!
Lieber Kosmas,
das erste Mal trafen wir uns im Bock beim Spandauer Schachverein. Ziemlich schnell hast Du mich als Deinen Sohn angenommen, den Du nicht hattest. Wir fuhren in Deinem klapprigen Lada, den Du noch aus der DDR mitgebracht hattest, durch die Berliner Schachszene. Wir lernten viel über das Schach, die Kreativität, das Schachverständnis. Deine letzte Partie spieltest Du so genial, dass Dein Gegner, der nicht schlecht war, völlig platt nur noch sein Ende abwarten konnte. Das war beeindruckend, aber danach ging es gesundheitich nicht mehr.
Und als ich mir keine Hochzeitsreise leisten konnte, ludst Du uns zu Dir nach Griechenland ein. Ana und ich haben noch so oft daran gedacht. Es war unsere erste Reise nach Griechenland, in ein Land, was wir sehr lieb gewannen. Deine Gesundheit wurde immer fragiler, jedes Mal, wenn ich Dich nach Haus fuhr und sah, wie mühsam Du Dich ins Haus schlepptest, ahnte ich das Unvorstellbare.
Nun ist es passiert! Im Herzen bleibst Du immer bei uns und all die Anekdoten, die inzwischen auch diejenigen kennen, die selbst nicht dabei waren. Ciao, Kosmas!
Ich moechte mich ganz herzlich fuer die Artikel und Kommentare ueber meinen Vater bedanken. Es sind wirklich schoene Artikel. Ich habe sie mir in den letzten paar Tagen oft angeschaut.
Als ich ganz klein war sind mein Vater und ich jedes Jahr zum Dorffriedhof in Aetolofos gelaufen. Jedesmal sagte er mir, dass er neben seinem Bruder Achilleas begraben werden will. Ich plane ihm diesen Wunsch zu erfuellen.
Ich freue mich, dass mein Vater noch ein paar schoene Jahre im Finkenkruger Weg verbringen konnte, wo er mit den Nachbarn diskutierte wer die besseren Tomaten im Garten hatte. Er hat sogar eine der Tomaten mit nach Griechenland genommen, um dort sie dort seinen Freunden zu zeigen. Eine Idee, auf die auch nur mein Vater kommen konnte.
Er wird mir fehlen.
Larissa
Liebe Larissa,
auch ich werde deinen Vater sehr vermissen, und bin sehr froh ihn kennengelernt zu haben. Der kleine Altersunterschied von über 55 Jahren war kein Grund, nicht mit Kossi zu lachen, zu streiten und über Schach und die Welt zu diskutieren. Nachdem ich einige Jahre leider nicht in Berlin war und nach langer Zeit mal wieder zum Vereinsabend in Spandau vorbeikam, hat er mich angestrahlt wie ein junger Hund, hat sich soo gefreut mich zu sehen und mir noch am gleichen Abend eine riesengroße leckere Tomate geschenkt (Manfred oder Reinhard fuhr uns beide mal wieder netterweise heim/ gen Falkensee)!
Ich feiere Kossi und werde ihn nie vergessen,
Nils
…und weitere Widmungen und Erinnerungen findest du auch auf der Homepage des Berliner Schachverbandes…
Mein letzter telefonischer Kontakt mit Kossi war, dass er anrief und mich nach der Telefonnummer der CDU in Dresden fragte. „CDU?“ wird sich mancher fragen, aber der Hintergrund war, dass er denen erklären wollte, dass die CDU nur deshalb bei der Landtagswahl in Sachsen stärkste Partei geworden seien, weil ein Großteil der Linkenanhänger verhindern wollte, dass die AFD die meisten Stimmen erhält, und deshalb CDU gewählt hätten. Ich kann nur spekulieren, wie das Gespräch verlaufen sein könnte. Dass er die Funktionäre von seiner Theorie überzeugen würde, hat er wohl wahrscheinlich selbst nicht erwartet, aber ein zünftiges politisches Streitgespräch war bestimmt nach seinem Geschmack.
Was bleibt, sind die Erinnerungen – an unseren Besuch bei Familie Cholidis in Griechenland – an unzählige Blitzpartien mit Winfried, bei denen Kossi als Kiebitz (fast) immer zu mir gehalten hat und am Ende enttäuscht war, dass doch wieder der „alte Doofe“ (Winni) gewonnen hatte – an regelmäßige Besuche beim Griechen oder Italiener, wo er oftmals verkündete, er würde nie wieder kommen, und das dann letztlich auf tragische Weise war machte.