5. Spieltag JBLNO 2007/2008: Zitadelle Spandau - SV Empor Berlin 3: 3Hin und Her
Es war ist ein Hin und Her. Da kommt man nach Hause, mit einem erfreulichen Ergebnis im Gepäck, hat Lust, die Partien sofort einzugeben und zu kommentieren und einen Bericht zu schreiben. Während man dann allerdings die Partien eingibt, beschleicht einen schon das Gefühl, dass die Lust quäntchenweise abnimmt. Das liegt daran, dass man sich beim Partien-eingeben-und-analysieren bereits ärgert. Liegt daran, dass man die Argusaugenengine mitlaufen lässt, die in jedem zweiten Zug Verbesserungen ausspuckt und zeigt, was man doch für eine Flasche ist. Dann also doch durch die Partien gekämpft, und wo man das schon geschafft hat, kann man auch was schreiben. Also auf geht's. Jetzt ist es also soweit. Man sitzt vor einem leeren Blatt, voller Ideen, die man nicht so richtig zu ordnen vermag. Beginnen wir mit dem Lob: Ich hätte nicht gedacht, dass ich das noch einmal schreiben würde, aber Anas, das ist ein Mann mit Charakter. Eine wichtige Stütze der Mannschaft, könnte man sagen. Ebenso Raimond, Maxim, Marko und ich. Was dann auch die Mannschaft wäre ... Aber von Anfang. Freitag war sich Anas noch nicht sicher, ob er das alles schaffen würde, Schularbeiten, Schach und nicht zuletzt auch die wohlverdiente (?!) Wochenends-Erholung durch Computerspielen. Und als er am Samstag um 14 Uhr nicht da war, befürchtete ich schon das Schlimmste. Um 14:10 traf er dann doch ein, mit den Worten: "Ich spiel jetzt, ich hab echt Lust". Er spielte auch eine starke Eröffnung, auch wenn er selbst meinte, nicht gut gestanden zu haben. Was ich nicht bestätigen kann. Da unsere Gegner in unerwartet schwacher Aufstellung antraten, konnten wir uns sogar Chancen ausrechnen gegen den Tabellenzweiten. Das war wohl Personalsorgen wegen der Krankheit zweier wichtiger Spieler geschuldet. Wir sind offenbar nicht die einzigen, wo ab und an alles zusammenkommt und kaum Spieler bereitstehen. Also, zu den Geschehnissen auf dem Brett: Anas stand zufriedenstellend, wie gesagt. Auch Maxim hatte sich ordentlich aufgebaut, es kam ihm entgegen, dass seine Gegnerin durch eine kleine Unachtsamkeit einen Bauern verlor. Dominik spielte dagegen schwächer als gewohnt und fand sich schnell in einer passiven Stellung wieder. Bei Raimond und mir war noch nicht viel passiert und Markos Partie hatte eine lustige Vorgeschichte. Da die Gegner alle mindestens zwei Bretter aufgerutscht waren, hatte Marko die Gegnerin, mit der eigentlich Dominik gerechnet hatte. Zum Glück hatte Marko von Dominiks Vorbereitung mitbekommen und konnte genau die selbe Variante anbringen und erreichte eine hervorragende Stellung. Nach einigen weiteren Zügen und zweieinhalb Stunden hatte sich dann Dominik in Verluststellung mit seinem Gegner auf eine Teilung des Punkts geeinigt, sein junger Gegner war offenbar nicht in der Lage, den Gewinnplan zu finden. Kurz darau stellte ich eine kleine Falle auf, die mein Gegner nur partiell durchschaute, sodass der erste volle Punktgewinn eingefahren werden konnte. Beim 1,5:0,5 passierte erstmal wieder eine ganze Weile nichts, und sonderlich viel zu analysieren gab es auch nicht. Es sah lange nach einem knappen Sieg für uns aus: Raimond und Maxim standen beide leicht besser, sodass hier ein Punktgewinn zu vermuten war, während in Markos Partie ein Remis am wahrscheinlichsten schien und Anas mittlerweile zwei Springer gegen einen Turm verloren hatte und eher eine Niederlage zu erwarten war. Doch wie gesagt, es war ein Hin und Her. Zunächst geriet Anas in eine grauenvolle Zeitnot, die der Gegner dazu nutzte, zunächst einiges von seinem Gewinnmaterial zu tauschen. Danach blitzte er mit Anas mit und stellte dabei seinen wichtigsten Bauern ein, wonach der Gewinn schon sehr kompliziert bis unmöglich war. Nun war also endgültig Optimismus erlaubt. Doch dann stellte Maxim in einen deutlich besseren Stellung einen Springer ein. Bezeichnend, dass er trotz des Figureneinstellers gute Chancen auf ein Remis behielt. Das sollte genug beschreiben, wie gut die Stellung vorher war. Irgendwann kam auch Raimond zu mir und meinte, er habe den Gewinnzug gefunden, was wohl zu optimistisch war. Er stand zwar vorher und nachher immer ein ordentliches Stück besser, aber nicht auf Gewinn. Außerdem verteidigte sich sein Gegner gut, sodass kein direkter Gewinn sondern nur eine weiterhin vorteilhafte Stellung heraussprang. Kurz nach der Zeitkontrolle einigte sich Marko mit seiner Gegnerin auf ein Remis, wobei er wohl schon leicht schlechter stand. Und Maxim spielte erschreckend schnell und verpasste die eine oder andere Feinheit im Endspiel, was zum Verlust führte. Das ist die einzige Stelle, die mich etwas ärgerte, in einem sonst rundum gelungenen Kampf. Beim Stand von 2,5:2,5 war es nun also an Raimond, den Kampf zu entscheiden. Er hatte seinen Vorteil in ein besseres, aber wohl ungewinnbares Endspiel eingetauscht, und nachdem sein Gegner zeigte, dass er auch nach viereinhalb Stunden Spielzeit mit voller Konzentration dabei war, einigte man sich auch hier friedlich. Drei-zu-drei also. Fraglich ist nur eines: Hatten wir Glück oder sollte man sich über die verpassten Chancen ärgern? Ich schwanke immernoch, hin und her. Wenn man mir vor dem Kampf ein 3:3 gegen Empor versprochen hätte, wäre ich vollauf zufrieden. Jetzt aber, naja... Dem Interessierten sei geraten, sich selbst ein Bild zu machen, denn die Partien habe ich diesmal sogar kommentiert. Also lieber Leser, bild dir deine Meinung. Oder lass es sein, wie die Bild-Leser. Oder lies den Spiegel, um mehr zu wissen. Oder denk selber nach, das kann im Schach auch nicht schaden. Carsten Schirrmacher |