Oberliga Nord Ost 2008/20096. Runde: Desaster verhindert: 2:6 bei den Schachfreunden
Die gute Nachricht zum Anfang: Die Wenigsten haben bleibende Schäden davongetragen. Außer vielleicht Patrick. Ich habe ihn noch nie so übel verlieren sehen wie diese Partie gegen die Schachfreunde. Schon Tage vor dem Kampf meldete Hartmut seinen Schaden an. Aufgrund einer Krankheit könne er nicht spielen, ließ er verlauten. Also wurde als Ersatzmann Raimond rangeholt, der von uns allen dem vollen Punkt am nähesten war. Bei dem auf 10:00 Uhr terminierten Beginn tauchte sein Gegner erst um zehn vor elf auf, das reichte aber offenbar auch. Mustergültig riss er das Zentrum auf und Raimonds König, der noch nicht rochiert hatte, blieb nur das Nachsehen. Diese Partie war auch als eine der ersten fertig, sodass wir schnell mit einem Punkt im Rückstand lagen. Noch schneller war aber am Spitzenbrett Micha. Er sagte, er habe sich nicht besonders gut gefühlt, was man ihm auch ansehen konnte. Also bot er schnell ein Remis an, was sein Gegner annahm. Nicht ohne die Bemerkung, dass dieser ebenfalls krank geschrieben sei. Not gegen Elend fand also keinen Sieger. Nur das Elend, das hat über die Kampfkraft der Spieler gesiegt... Der schnelle Rückstand war aber gar nicht so tragisch, denn Uwe schaffte es, seinen Gegner Andreas Breier mit einem doppelten Figurenopfer in eine sehr unklare Stellung zu verwickeln. Zwischendurch meinten die oberflächlich wertenden Zuschauer und Kollegen, dass Uwe den Sieg einfahren könnte, Patrick sprach bereits von der Partie des Jahres. Die vermeintliche Partie des Jahres fand allerdings nach einer überzeugenden Verteidigungsleistung ihren Weg in die Schublade "veropfert" und wird da wohl auch so schnell nicht hervorgekramt werden. Obwohl eine genaue Analyse spannend wäre. Andererseits war die Partie so kompliziert, dass dafür wohl ein ganzes Chessy notwendig wäre... Nicht ganz so spannend entwickelten sich die Dinge beim Kriegsschreiber. Ich hatte auch kein interesse an einer spannenden Partie, was sich wohl schon im zweiten Zug zeigte. Mit der russischen Verteidigung sind eben doch keine hochtrabenden Gewinnpläne zu verwirklichen. Mein Gegner versuchte zwar einiges, um doch noch ein bisschen Spannung zu erzeugen, doch auch entgegengesetzte Rochaden brachten nicht unbedingt mehr Leben ins Spiel. Nach 19 Zügen bot mir mein Gegner in einer völlig ausgeglichenen Stellung folgerichtig remis an. Da Raimond aber bereits verloren hatte und Patricks König auch schon am Tropf hing, fühlte ich mich verpflichtet, abzulehnen. Und was passiert, wenn man in einer ausgeglichenen Stellung plötzlich versucht, weiß man aus Erfahrung. Zuerst verbrauchte ich Unmengen Zeit, fand dennoch nichts sonderlich Gewinnverheißendes und zog planlos hin und her. Zu allem Überfluss hatte mein Gegner aber einen Plan, sodass mir die Kontrolle etwas entglitt. Kokos Stellung am zweiten Brett hatte ich zwischendurch auch als recht aussichtsreich eingeschätzt, wohl zu Unrecht. Sein Gegner, der schwedische FIDE-Meister Jan Lundin, hatte zwar eine Bauernschwäche, dafür aber einiges an Spiel, zudem noch eine bessere Entwicklung. Nachdem sich dann einige Figuren tauschten, konnte Koko nur noch auf ein Remis hoffen, doch auch das wurde eng. Im Ergebnis knöpfte Lundin ihm einen Bauern ab, und angesichts der Tatsache, dass der schwarze Läufer kurz vor der Zeitkontrolle immernoch auf f8 seinem ebenso faulen Turm auf h8 im Weg stand, streckte Koko die Waffen. Die Züge, die diese beiden tragischen Figuren (ha, mal wieder ein Wortwitz!) nicht machten, holte dafür Kokos König nach, der aus seiner Rochadestellung den Weg nach d5 fand, um dann doch wieder nach hause zurückzukehren ... Nicht ganz so viel kann ich über die Partie von Matthias sagen. Ich vermute, dass er zwischendurch leicht schlechter stand, doch die Stellung sollte nie ernsthaft die Remisbreite verlassen haben. Später im Endspiel konnte er mit einem Springer gegen einen Läufer noch ein paar tückische Drohungen aufstellen, sodass plötzlich auch der Gegner gut aufpassen musste. Über Hans-Jürgen an vierten Brett kann ich nicht viel mehr sagen, als dass er auch mitgespielt hat. Kurz vor der Zeitkontrolle war auch diese Partie friedlich beendet worden. Gerüchte sprachen von einem Dauerschach nach einem sehenswerten Turmopfer, aber es sind eben nur Gerüchte ... Nach der Zeitkontrolle spielten also beim glorreichen Stand von 1:5 noch Mister President Matthias und ich. Ich durfte mittlerweile ein grauenvolles Turmendspiel verwalten, während Matthias, wie gesagt, ein paar giftige Tricks mit seinem Springer installieren konnte. Diese Tricks konnte der Gegner aber gerade so entkräften, und nachdem er einige einzige Züge gefunden hatte, war das Remis unterschriftsreif. Blieb mir die Ehre, mich nach fünf Stunden noch einmal zusammenzureißen. Nach einer ordentlichen Verteidigung konnte ich den gegnerischen Mehrbauern neutralisieren und das Remis erreichen. Wobei ich sagen muss, dass ein bisschen Glück auch im Spiel war, denn ich hatte nicht alles gesehen, aber es passte gerade so alles zusammen. Bleibt also ein 2:6. Da wir uns sowieso keine besonderen Hoffnungen gemacht haben, bleibt die Schlussfolgerung, dass wir uns ordentlich geschlagen haben und zumindest die meisten von uns eine gute Figur abgegeben haben. Ausnahmen bestätigen die Regel. Ein kleiner Ausblick: Als nächstes steht uns ein Kampf gegen Zweitliga-Absteiger Lasker bevor, der das Tabellenende schmückt. Danach Rüdersdorf und Tegel II - Mithin drei Endspiele, in denen jeder Punkt zählt und jeder Zug entscheidend sein kann. Doch wir sind bereit. Was man über die Rüdersdorfer und Tegeler nicht unbedingt sagen kann. In Rüdersorf gewann nämlich heute der Gast aus Tegel mit 4,5:3,5 einen Mannschaftskampf, den nur 13 Spieler bestritten. Sieben Gastgeber und sechs Gäste. Und sowas in einer überregionalen Liga. Man könnte jetzt gleich noch auf dem Rüdersdorfer "Konzepf" rumhacken, an den ersten sieben Positionen sieben polnische Spieler zu melden. Man könnte aber auch aufhören - und sich insgeheim wünschen, diese Schottertruppe in der achten Runde zu bezwingen und aus dem überregionalen Spielbetrieb zu kicken... Carsten Schirrmacher |