Murphy’s Law, formuliert von dem US-amerikanischen Ingenieur Edward A. Murphy, lautet im Original:
Anything that can go wrong will go wrong.
Der Mann muss was vom Schachspielen verstanden haben, denn diese philosophische Grundeinsicht passt zu unserem Spiel wie die Faust aufs Auge. Auf Französisch heißt Schach: „les échecs“. Und was bedeutet „les échecs“? „Die Misserfolge“. Das kann kein Zufall sein.
Der Webmaster hat einst das bahnbrechende Werk von einem weltweit anerkannten Murphologen studiert:
Arthur Bloch: Gesammelte Gründe, warum alles schiefgeht, was schiefgehen kann. Murphy’s Gesetze in einem Band. München, Goldmann Verlag, 1982.
Darin wird Murphy für allerlei Bereiche des täglichen Lebens durchdekliniert, mit immer größerem Erfolg. Bloß das Schachspiel fehlt. Bis jetzt. (Tartakower hat gute Vorarbeit geleistet, aber er kannte Murphy noch nicht.) Weil neulich aber beklagt wurde, das Online-Schach in Corona-Zeiten sei ohne die vielen dummen Sprüche des OTB-Schachs deutlich langweiliger, hat der Webmaster einen alten Plan von der Festplatte geholt. Genießen Sie:
Riedels Ableitungen von Murphy’s Law für das Schachspiel
- Wenn du glaubst, gut zu stehen, hast du die Stellung nicht verstanden.
- Deine beste Partie hast du längst gespielt, mit fünfzehn. Deine schlechteste steht dir noch bevor.
- Alle Glanzpartien werden gegen dich gewonnen.
- Eine Kombination ist, was dir der Computer nach der Partie zeigt.
- Egal, wie weit du rechnest, dein Gegner sieht weiter.
- Wenn in der Stellung ein Fehlzug steckt, und sei er auch noch so gut verborgen, dann machst du ihn.
- Wenn du zwei Fehler machen kannst, dann machst du den, der mehr Schaden verursacht.
- Wenn du ein Matt in drei Zügen siehst, findet dein Gegner eins in zwei.
- Du machst mehr Fehler als gute Züge.
- Der vorletzte Fehler gewinnt: Richtig! Denn du machst den letzten.
- Du hast immer den schlechten Läufer.
- Du bist der mit dem h-Bauern und dem Läufer von der falschen Farbe.
- Es war der falsche Turm.
- Strategie ist, wie du dir deinen Sieg vorgestellt hast. Taktik ist, wie du‘s verbockt hast.
- Anhand deiner Partien hat ein weiser Mann die Erkenntnis gewonnen, dass nichts so schwer ist wie eine gewonnene Stellung zu gewinnen.
- Wenn du gewinnst, war der Gegner krank.
- Wenn du gewinnst, verliert die Mannschaft. Wenn du verlierst, verliert sie auch.
- Wenn du einen unglaublich cleveren Materialgewinn durchgezogen hast, findet dein Gegner ein unglaublich cleveres Matt.
- Wenn du undeckbar Matt drohst, hat dein Gegner Dauerschach.
- Wenn du einen mörderischen Angriff durch Generalabtausch pariert hast, läuft dir der letzte Bauer davon.
- Ziehst du h6, rollt dein Gegner die g-Linie auf. Lässt du’s bleiben, setzt er dich randmatt.
- Wenn du am Damenflügel angreifst und einen Freibauern bis a7 bringst, wirst du am Königsflügel matt gesetzt. Wenn du am Königsflügel angreifst und kurz vor dem Mattsetzen stehst, läuft der gegnerische Bauer bis a8 und wird eine Dame, die das Blatt wendet.
- Wenn du dich ins Dauerschach rettest, hast du übersehen, dass du in zwei Zügen Matt setzen konntest.
- Es gibt zwei Arten von Opfern: Korrekte und deine. (nach Michail Tal)
- Wenn er gegen dich spielt, ändert dein Gegner sein Eröffnungsrepertoire.
- Alle Turmendspiele sind remis. Jedenfalls die, in denen du auf Gewinn stehst. Die anderen sind verloren. (Präzisierung einer etwas ungenauen Formulierung von Siegbert Tarrasch)
- Die Hälfte aller Partien, die nicht remis ausgehen, werden verloren.
- Wenn du gegen den Großmeister den Mattzug ausführen willst, klingelt dein Handy und deine Freundin fragt, wie‘s war.
- Hätte, hätte, Bauernkette.
- Die Hoffnung stirbt zuletzt. Aber sie stirbt. (Nico Semsrott)
- Beim Schachspielen lernst du alles, was du über das Scheitern wissen musst.
Danke für diese Sammlung ausnahmslos auch auf mich selbst zutreffender Gesetzmäßigkeiten! Aber den Kern der Kritik trifft es nicht (ganz): Es fehlt einfach der spontane, dumme Spruch, der sich ganz automatisch löst, wenn eine bestimmte Situation eintritt oder ein bestimmter Satz gesagt wird. So muss der Ausruf „Oh mein Gott“ zwingend mit „Ja, bitte?“ beantwortet werden, und ein Lamentieren über störende Bemerkungen der umstehenden Kibitze erfordert den immergrünen Spruch „Halt die Klappe und spiel weiter!“. Leider pflegen die meisten dieser „unersetzbaren Perlen“ sofort wieder vergessen zu werden, aber irgendwo in der hintersten Kammer des Unterbewusstseins findet sich immer noch eine Sicherungskopie, die darauf wartet, bei der erstbesten sich bietenden Gelegenheit hervorgekramt und heraus posaunt zu werden.
Dagegen zieht man beim Online-Schach einsam seine Züge und der Ausruf „Ruhe, hier wird Turnier gespielt!“ stößt bei wenig schachaffinen Mitbewohnern nur auf Unverständnis.
Da will ich mal so eine Perle vor dem Vergessen retten. Einer der Köhler-Brüder rief aus: Ich war so in meinen Sieg vertieft, da hat er mich matt gesetzt.
Der eigene Doppelbauer wird schwach, während der des Gegners wichtige Felder kontrolliert.