Die Ergebnisse sind ja schon lange bekannt. Die Partien wurden, so erzählte man mir, sogar verfolgt, am Spielabend analysiert und kommentiert. Und dass Zitadelle in der Mannschaftswertung mit Michael Schulz, Winfried Zaeske und Bernd Kievelitz den 3. Platz belegte, punktgleich mit dem Zweiten, SV Berolina Mitte, und nur einen halben Punkt hinter der Siegermannschaft SC Kreuzberg, wurde sicher schon würdigend zur Kenntnis genommen.
Vielleicht doch ein kurzer Blick auf den Endstand nach 9 Runden: Am Start waren 148 Teilnehmer, die allerdings zumindest ab der 6 Runde nach und nach weniger wurden. In den letzten Runden erinnerte der Turniersaal eher an ein Lazarett, allüberall hustete und schniefte es, die letzte Runde verzeichnete eine Ausfallquote von fast 20%. Auch der Berichterstatter spielte abgefüllt mit Hustenbonbons und mit erhöhter Temperatur, was aber dennoch zu erstaunlichen 5,5 Punkten und damit zum 28. Platz führte.
Jürgen Federau wurde Berliner Seniorenmeister! Ob er es verdient hat, will ich hier nicht beurteilen. Die Teilnehmer des SC Zitadelle Spandau belegten die Plätze 4 (Michael Schulz mit 7,0), 11 (Winfried Zaeske mit 6,5) und 19 (Bernd Kievelitz mit 6,0 Punkten jeweils aus 9 Partien). Der Berichterstatter musste (tatsächlich, er wurde gezwungen!) unter den Fahnen der Schachfreunde Mainz segeln, unser Mit-Gründer Eberhard Metzger, angetreten unter SV Werder/Havel, wurde leider nur 99., und letztlich trat auch noch Dieter Schiemann unter den Farben der Zitadelle an und wurde 132.
Bleiben wir bei Jürgen Federau und der Frage, ob er den Titel des Berliner Seniorenmeisters verdient hat. Die Auslosung führte mich mit ihm in der 3. Runde zusammen. Nach 47 Zügen ergab sich folgende Stellung und Weiß ist am Zuge:
Wir spielten bereits in der fünften Stunde, es wurde nur noch an wenigen Brettern gespielt. So standen inzwischen einige Kiebitze an unserem Brett. Als ich in dieser Stellung 48. Se3+ spielte, verspürte ich ein Raunen um mich herum, es kam Bewegung auf. Ja, und als ich dann nach 59 Zügen aufgab, meinte man, mit 48. Sf6: Kf6: 49. Kg4 wäre ein Remis wohl möglich gewesen.
Zuhause übergab ich die Partie und speziell diese Stellung ‚Fritz‘.
Es hätte nach 48. Sf6: Kf6: 49. Kg4 eigentlich nur zwei sinnvolle Züge für Federau gegeben. 49. … Lf4, der eine, würde nach 50. Lf2 b6 51. b4 Ld6 52. a3 wohl letztlich zum Remis führen, so z.B. ‚Fritz‘: Ke5 53. Kg5: Ke4 54. Kf6 Kd3 55. Ke6 cb 56. cb Lb4: 57 ab Kc4: 58. Kd6…
Und auch die Alternative 49. Le7 führt nach 50. Lg3 Ke6 51. Lb8 (oder a4 a6 52. Lc7 Ld6 53. Lb6 Le7 usw.) a6 52. a4 Lf6 53.Lc7 Lc3: 54. Kg5: a5 55.Kf4 Kd7 56. Le5 Le5: 56. Ke5: b6 57. Ke4 Kc6…zum erhofften halben Punkt; ‚Fritz‘ bewertet diese Stellung mit 0.00 remis.
Vielleicht hätte Federau aber auch hier noch einen Gewinnweg gefunden, oder ich hätte auch diese Stellung noch vergeigt. Und letztlich: ‚wenn‘ und ‚hätte‘ führt zu nichts, ich weiß, aber ob Federau nach einem Remis gegen mich Turniersieger geworden wäre? Und vielleicht wäre dann ein Mannschaftssieg für Zitadelle möglich gewesen, schließlich hatte Kreuzberg nur einen (diesen?) halben Punkt Vorsprung.
Jörg Cichon
Sehr schöner Bericht, Glückwunsch an „unsere“ Silberrücken 🙂