Verschenkte Gelegenheiten
Da mein Zugang nun wieder hergestellt ist, einige etwas verspätete Berichte meiner Schachaktivitäten.
Vom 4.-14.7. fanden die europäischen Einzelmeisterschaften der Senioren in Lublin statt. Lublin war zwar ein nicht so bekannter, aber interessanter Austragungsort im Südosten Polens. Es war 1809 und 1944/45 kurzzeitig Hauptstadt Polens und ist heute besonders durch seine 6 Universitäten und mehrere Hochschulen bekannt. An der Katholische Universität war ein gewisser Karol Wojtyla tätig, der spätere Papst Johannes Paul II. Außerdem war Lublin das wichtigste Zentrum jüdischer Kultur, es wurde auch das polnische Jerusalem genannt mit der größten Talmudschule der Welt. 1865 waren z.B. 59 % der Einwohner Juden. Im Stadtgebiet Lublins liegt die Gedenkstätte des KZ Majdanek, wo es sehr viele Informationen zur Judenvernichtung in Polen gibt. In der Stadt gibt es sehr viele Parks und Grünanlagen mit vielen Brunnen (alle in Betrieb!), so dass es gute Erholungsmöglichkeiten gab.
Nun zum Schachturnier, das Hotel Arche Hotel in Lublin bot gute Spielbedingungen und Unterkunft mit Vollverpflegung. Die Teilnehmerzahl war etwas geringer als in den Vorjahren, was an der späten Information zum Turnier und des doch etwas entlegenen Ortes lag. In der 50+ gab es 23 Teilnehmer, in der 65+ 33 Teilnehmer.
Während in der 50+ zwar ein GM am Start war, war die 65+ in der Spitze sehr viel stärker besetzt, mit sieben IMs und 8 weiteren Titelträgern. Aus Deutschland waren neben mir noch FM Syre, FIM Wagner-Michel und Fernschachgroßmeister Neumann am Start. Wir waren auf Rang 5, 8, 12 und 13 gesetzt, so dass wir uns Hoffnungen machten, um die Medaillen mitzuspielen.
In der ersten Runde spielte ich gegen einen ukrainischen IM, der aber seine besten Zeiten wohl schon länger hinter sich hatte und gewann recht schnell.
in der zweiten Runde ging es dann mit den Geschenken los, gegen meine polnischen Gegner habe ich dreinmal ne Gewinnstellung rausgearbeitet und am Ende fast noch verloren. Er hat allerdings wie viele polnische Spieler viel stärker als seine ELO-Zahl gespielt, am Ende fast 50 Punkte Plus gemacht.
Zur Belohnung durfte ich dann in Runde 3 gegen die Nummer 1 der Setzliste, IM Dobosz spielen. Das war dann die einzige Partie, die ich verdient verloren habe, obwohl ich lange Widerstand geleistet habe. Ich dachte, nun habe ich wenigstens eine gute Wertung, leider ist der sympathische IM in der zweiten Turnierhälfte völlig eingebrochen und am Ende noch hinter mir gelandet.
Vierte Runde dann gegen IM Biro aus Rumänien, Vorbereitung genau aufs Brett bekommen und eine klar bessere Stellung wieder zum Remis verdorben.
Fünfte Runde gegen ein Briten, mit einiger Mühe gewonnen.
Sechste Runde wieder gegen einen (unterbewerteten) Polen (der am Ende 5. wurde), Mit einem schönen (vorbereiteten) Trick eine Bauern und dann die Partie gewonnen.
Die 7.Runde war dann der endgültige Knackpunkt, gegen IM Petran aus der Slowakei. Er spielte schon als Jugendlicher in der Auswahlmannschaften und war 2018 mit in Dresden Mannschaftsweltmeister der Senioren mit der Slowakei vor den favorisierten Engländern (mit Short), Armeniern (mit Waganjan) und den USA.
Ich hatte mit Schwarz eine super Vorbereitung (Englisch, wie es Kötzi immer gegen mich spielt) und nach einigen ungenauen Zügen von ihm eine Riesenstellung. Dann hab ich einen Verteidigungszug übersehen und statt ins Remis abzuwickeln noch verloren
Nächste Runde dann wieder wie üblich ein Pole, der am Ende 45 ELO-Punkte Plus gemacht hat, aber ganz ordentlich gewonnen.
Letzte Runde dann noch gegen die Nummer 2 der Setzliste, IM Bogdanow aus der Ukraine. Da wir beide nicht mehr viel erreichen konnten, gab es ein schnelles Remis.
So sprang am Ende als bester Deutscher Platz 9 raus, es war aber viel mehr drin, immerhin gegen 5 IMs gespielt und Setzplatz halbwegs erreicht.
In der Spitze gab es in den letzten Runden noch einige überraschende Resultate, so dass am Ende der schwedische IM Renman klar vor zwei Briten siegte. Siegerehrung
Bei den Frauen verteidigte IM Wagner-Michel ihren Titel vom letzten Jahr, obwohl sie auch ein nicht so gutes Turnier spielte.